Dass die Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft eine kostspielige Angelegenheit hat ja bereits die WM 2010 in Südafrika eindrucksvoll gezeigt. In Brasilien wird das nicht anders sein - im Gegenteil die Kosten betragen ein Vielfaches der vorangegangenen Turniere: die Neu- und Umbauten der 12 WM-Stadien kosten zusammen über 3 Mrd. Euro [1] – die Gesamtkosten des Turniers werden mit etwa 11 Mrd. Euro angegeben [2]. Der Anteil der öffentlichen Hand liegt bei über 80% [3]. Da die erwarteten Einnahmen durch die Weltmeisterschaft deutlich geringer ausfallen werden als die Investitionen, wird ein Defizit in Milliardenhöhe resultieren.
Das wirft natürlich die Frage auf, warum überhaupt Staaten ein Interesse daran haben solch ein kostspieliges Event auszurichten.
Zumal die Kosten nicht die einzige Schattenseite der Ausrichtung einer Weltmeisterschaft darstellen. Wenn sich also nach wie vor Länder darum reißen dieses Event zu organisieren, dann muss es - neben der FIFA – auch Profiteure geben.
Wie sich die immensen Kosten der Weltmeisterschaft in Brasilien genau zusammensetzen ist sehr undurchsichtig, welche Infrastrukturprojekte in den oben genannten Summen auftauchen unklar. Viele dieser Projekte wurden vor Weltmeisterschaft gar nicht fertiggestellt. Recht gut nachvollziehbar hingegen sind die Summen, die in den Bau bzw. die Renovierung der Stadien geflossen sind - und wer daran verdient hat. Dabei ist auffällig, dass in Brasilien insgesamt zwölf Stadien errichtet worden sind, obwohl die FIFA in der Ausschreibung für die WM nur acht bis zehn gefordert hatte [4]. Zumal absehbar ist, dass mindestens vier davon nach der WM nicht mehr genutzt werden [1]. Bei der Vergabe der Bauaufträgen dieser zwölf Stadien kamen zwei brasilianische Großkonzerne besonders gut weg: sieben wurden an die die Firmen Odebrecht (São Paulo, Salvador, Recife [5, 6]) und Andrade Gutierrez (Brasília, Porto Alegre, Manaus [5, 7, 8]) vergeben, den prestigeträchtigsten Auftrag, den Neubau des Maracana-Stadions in Rio de Janeiro teilten sich beide Konzerne [5]. Gemessen an den Baukosten der jeweiligen Stadien waren die beiden Konzerne an rund drei Vierteln des Gesamtvolumens für den Stadionbau beteiligt, knapp 2,3 Mrd. Euro – auf Andrade Gutierrez entfallen etwa 1,3 Mrd. Euro, auf Odebrecht knapp 1,0 Mrd. Euro.
Dass die beiden
Firmen derart großzügig mit Bauaufträgen bedacht worden sind ist kein Zufall.
Der ehemalige brasilianische Präsident Lula, der maßgeblich die Bewerbung
Brasiliens für die Weltmeisterschaft forciert hat, hat den Großteil seines
Wahlkampfetats von diesen beiden Konzernen erhalten [9]. Und als in den Jahren
nach der Vergabe der WM nach Brasilien auf kommunaler Ebene der Stadionbau
konkretisiert wurde, traten beide verstärkt auch an Kommunalpolitiker heran: hatte
Andrade
Gutierrez bei den Kommunalwahlen 2008 noch den überschaubaren Betrag von 73.180
USD gespendet, explodierte der Betrag für die Kampagnen der Wahl 2012 auf 37,1
Mio USD – also ungefähr um Faktor 500. Ganz ähnlich bei Odebrecht: aus 90.000 USD wurden 11,6 Mio USD – eine Erhöhung um
Faktor 127 [1]. Insgesamt haben sich die Wahlkampfetats in diesen vier Jahren
nicht einmal verdoppelt. Die beiden Großkonzerne haben sich also kräftig ins
Zeug gelegt – und wurden reichlich belohnt.
Doch bei diesen einmaligen Gewinnen
soll es nicht bleiben. Viele der durch die öffentlich e Hand finanzierten
Projekte werden nach Weltmeisterschaft privatisiert - das vermeintlich
lukrativste Objekt: das Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro. Zwei Vereine -
darunter mit Fluminense einer der größten Vereine Brasiliens – und die Nationalmannschaft
spielen hier. Und auch hier haben die großen Player Brasiliens ihre Finger im
Spiel: für die folgenden 35 Jahre hat ein Joint Venture aus Odebrecht, der EBX Group (ein Unternehmen
von Eike Batista, Milliardär und reichster Brasilianer) und der AnschutzEntertainment Group die Konzession für den Betrieb des Stadions erworben [10].
Das Konsortium zahlt dafür jährlich 2,7 Mio. USD: in Relation zu den Baukosten
von 540 Mio. USD eine verschwindend geringe Summe – erst nach 200 Jahren wäre
das Stadion abbezahlt. Allein die Tilgungsrate des Kredits, die der Bundesstaat
Rio de Janeiro für den Bau des Stadions aufgenommen hat, beträgt mit rund 13,5 Mio.
USD jährlich das Fünffache der Einnahmen [1].
Der Clou an der Konzessionsvergabe: eine
Machbarkeitsstudie, die die Übernahme des Stadions durch das Konsortiums
ermöglicht hat, wurde von der Firma IMX durchgeführt – und die ist ebenfalls im
Besitz von Eike Batista [11]. Der ist übrigens ein langjähriger Freund und
Förderer des Gouverneurs von Rio der Janeiro, Sergio Cabral [12].
Es gibt sie also, die großen Gewinner der
Weltmeisterschaft. Drei große Firmen haben die Politik mit Wahlkampfgeldern für
die größenwahnsinnigen Pläne gefügig gemacht, bei der Vergabe von Bauaufträgen
groß abgesahnt und als Bonbon werden sie nach der Weltmeisterschaft große Teile
der Infrastruktur - mit deren Errichtung
sie bereits viel Geld verdient haben – für symbolische Summen übernehmen
und Jahrzehnte lang weiterverdienen. Die öffentlichen Kassen werden
wahrscheinlich ähnlich lang an den Altlasten zu tragen haben.
[1] http://www.businessinsider.com/brazils-world-cup-problems-with-corruption-2014-5
[2] http://www.spiegel.de/politik/ausland/fussball-wm-in-brasilien-proteste-in-sao-paulo-gegen-hohe-kosten-a-971227.html
[3] http://www.boell.de/de/world-cup-fuer-wen
[4] http://de.fifa.com/mm/document/affederation/mission/62/24/78/inspectionreport_d_24848.pdf (S. 25)
[5] http://www.prodis.com.br/blog/estadios-da-copa-das-confederacoes-2013/
[9] http://www.hart-brasilientexte.de/tag/brasilien-demokratiemechanismen-wahlkampffinanzierung/
[10] http://www.sportspromedia.com/news/aeg_imx_and_odebrecht_take_control_of_historic_maracana
[11] http://www.tagesspiegel.de/sport/vor-der-fussball-wm-in-brasilien-zehn-tage-frist-zum-raeumen-der-regierung-rennt-die-zeit-davon/7692606-2.html
[12] http://www.deutschlandfunk.de/kurz-vor-der-raeumung.1346.de.html?dram:article_id=232585
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