Samstag, 7. Juni 2014

Campo Bahia

Wir sprachen hier kürzlich über das Quartier, dass die deutsche Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft in Brasilien bewohnen wird. Und während sich ein Diskussionsteilnehmer über die Dekadenz empörte, die dieses Projekt ausstrahlt, wurde mir von anderer Seite vorgeworfen, dass ich dieses Thema bisher unterschlagen habe. Ich muss gestehen, dass ich es eher für ein unwochtiges Detail gehalten habe, aber vielleicht lohnt es sich ja doch, da mal einen Blick drauf zu werfen.


Die offizielle Lesart des Projekts - also die Position des DFB und der Investoren der besagte Anlage ist folgende: Die Hirmer-Gruppe - ein Münchener Unternehmen - plant ein Luxus-Ferien Resort an der Atlantikküste Brasiliens in der Nähe von Porto Seguro. Dieses Resort, dessen Fertigstellung für März 2014 geplant war, wird von der FIFA in die Liste potentitellen Quartiere für die Mannschaften während der WM aufgenommen. Der DFB entscheidet sich die Mannschaft in dieser Anlage einzuquartieren - das Nationlteam wird also der erste Gast sein. Da das Projekt bereits 2011 beschlossen wurde, ist die Auffassung, der DFB würde sich sein eigenes Quartier bauen also nicht zutreffend. Und die Aufregung darüber ziemlich überdreht - auch bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 residierte die Mannschaft in Luxusherbergen - unter fünf Sternen wird beim DFB nicht gebucht.

Daher ist es viel interessanter einen Blick auf die Entwicklung und die Umstände der Realisierung dieses Projekts zu werfen. Das Gebiet, in dem das 15.000 Quadratmeter großen Areal entsteht liegt in ökologisch äußerst sensiblem Gebiet: der gesamte Küstensteifen ist ein UNESCO-geschützter Urwald, von dessen ursprünglichem Baumbestand gerade noch neun Prozent verblieben sind. Die erforderliche Rodung dieses Regenwalds ist also äußerst fragwürdig. Zudem wird von Umweltschützern berichtet, dass regelmäßig Bauschutt auf improvisierten Deponien im Wald abgelagert würde. Umweltschutzauflagen würden im großen Stil missachtet. Gleichzeitig bekommt die lokale Bevölkerung bereits steigende Immobilienpreise zu spüren.

Interessant ist, dass 2011 - als der Besuch deutscher Fußballspieler noch nicht absehbar war - eine Baugenehmigung (mit Umweltauflagen) für das Projekt erteilt worden ist, die dann aber, als der Bauplan - unter Berücksichtigung der Wünsche des DFB - geändert wurde, nicht erneuert wurde. Und diese Änderungen können nicht völlig unerheblich gewesen sein - eine normale Ferienanlage wäre wohl ohne den Bau mehrerer Fußballplätze ausgekommen. Es wurde also de facto ohne Genehmigung gebaut. Und an diesem Punkt wird das Projekt "Campo Bahia" dann doch beispielhaft für viele Projekte im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft: vermeintliche Sachzwänge ermöglichen es große Projekte unter völliger Umgehung der lokalen Bevölkerung und vor allem der Behörden umzusetzen. So ist das deutsche WM-Quartier ein Exempel für das Vorgehen privater Investoren, die im Vorfeld der WM weitgehend unkontrolliert in Brasilien agieren konnten.












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